Bleifrei Löten - Die Fakten
Was ist Blei? 
Blei ist ein in der Natur vorkommendes, bläulich-graues Metall, das in geringen Mengen in der Erdkruste zu finden ist. Blei
kommt in vielen Bereichen unserer Umwelt vor. Ein Grossteil davon
stammt aus menschlichen Tätigkeiten, etwa der Verbrennung fossiler
Brennstoffe, dem Bergbau oder der Produktion. Blei wird vielseitig
verwendet. Es kommt bei der Herstellung von Batterien, Munition,
Metallprodukten (Lötmetall und Rohre) sowie Röntgenschutzvorrichtungen
zum Einsatz. Aus Gründen des Gesundheits- und Umweltschutzes wurde die
Verwendung von Blei in Kraftstoffen, Farben und Lacken, keramischen
Produkten, Dichtungen und zum Schweissen von Rohrleitungen in den
letzten Jahren erheblich reduziert.
Warum nun ein Verbot für Blei?
Blei ist ein wesentlicher Bestandteil des Lötmetalls, das bei der
Herstellung von Leiterplatten verbraucht wird. Leiterplatten werden in
immer mehr alltäglichen Haushaltsgeräten von Toastern bis hin zu
DVD-Playern verwendet und enden in zunehmendem Masse auf Mülldeponien
in aller Welt. Das Problem dabei ist, dass durch den Säuregehalt des
Regenwassers das bleihaltige Lötmetall aus diesen zerstörten
Leiterplatten herausgewaschen wird. So gelangt das Blei ins Grundwasser
und schliesslich auch ins Trinkwasser. Blei kann praktisch jedes Organ
und System des Körpers schädigen. Besonders anfällig ist das zentrale
Nervensystem, vor allem bei Kindern. Ferner schädigt Blei die Nieren
und die Fortpflanzungsorgane. Die Wirkung von Blei ist stets dieselbe,
unabhängig davon, ob es eingeatmet oder verschluckt wird. In hohen
Konzentrationen kann Blei die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen, die
Finger, Hand- und Fussgelenke schwächen und die Merkfähigkeit
verringern. Blei kann zu Anämie, einer Bluterkrankung, führen. Der
Zusammenhang zwischen diesen Wirkungen und der Exposition gegenüber
geringeren Bleikonzentrationen ist noch ungeklärt.
Blei in der Industrie
Zwar zielt die RoHS-Richtlinie der EU direkt auch auf die
Elektronikindustrie ab, allerdings wird nur ein geringer Teil des
industriell verbrauchten Bleis für die Produktion von Elektro- und
Elektronikgeräten verwendet. Im Vergleich zur Herstellung von
Akkumulatorenbatterien, für die 80% des produzierten Bleis verbraucht
werden, macht die Verwendung von Blei in Lötmetallen für Leiterplatten
nur 0,49% aus bzw. der Gesamtverbrauch für Elektro- und
Elektronikgeräte nur rund 2%.
Blei - Die Alternativen
Der
Ausschluss von Blei aus dem Produktionsprozess für Leiterplatten ist
für Hersteller eine Herausforderung. Die Verwendung von Elementen wie
Silber, Kupfer und Wismut anstelle von Blei in Lötmetallen birgt eine
Reihe von Problemen:
- Höhere Verarbeitungstemperaturen
- Der Einsatz der neuen Lötmetalle in der Produktion erfordert rund 20 bis 40 Grad höhere Schmelztemperaturen.
- Engeres Zeitfenster für Aufschmelzprozess
- Zwischen Liquidus und Maximum (40 bis 20°c)
- Es
gibt eine Vielzahl neuer Lötmetalle mit unterschiedlichsten
Oberflächenverträglichkeiten, Nachbearbeitungsmöglichkeiten und
Prozesstemperaturen.
Zwar
gibt es eine ganze Reihe von verfügbaren Alternativen, um Blei aus dem
Lötprozess zu verbannen, doch die einzige realistische, gangbare
Alternative zu Blei (Pb) in Lötmetall ist Zinn (Sn). Im Allgemeinen
enthalten moderne Lötmetalle hohe Mengen von Zinn sowie eine Vielzahl
von Werkstoffen, die elementare Ähnlichkeiten mit Blei aufweisen.
Bleifreies Löten
Löten
ohne Blei wird in der EU in Kürze obligatorisch. Das Gesetz ist zum 1.
Juli 2006 in Kraft getreten. Die bleifreie Produktion im
Elektronikbereich ist in Japan bereits ein allgemein anerkannter und
angewandter Prozess und wird nun auch weltweit zügig implementiert. Es
gibt einige wichtige Aspekte im Zusammenhang mit der Umstellung auf den
bleifreien Prozess:
Kompatibilität
Zunächst einmal müssen alle gelöteten Oberflächen bleifrei sein. Das
gilt sowohl für die Komponente als auch für die Leiterplatte. Jegliche
Verunreinigung einer bleifreien Lötverbindung mit Blei mindert die
Zuverlässigkeit der Verbindung in erheblichem Masse.
Temperatur
Alle bleifreien Legierungen schmelzen erst bei höheren Temperaturen als
herkömmliche Zinn-Blei-Legierungen (60/40 Zinn-Blei schmilzt bei rund
180°C, bleifreie Legierungen dagegen erst ab 227°C). Folglich müssen
sowohl die Komponenten als auch die Leiterplatten eine entsprechende
Temperaturfestigkeit besitzen, um auch diesen höheren Temperaturen
standzuhalten. Die höheren Temperaturen stellen ferner höhere Ansprüche
an das Flussmittel und es kann ein höherer Feststoffgehalt erforderlich
werden oder ein aktiveres Flussmittel, wenn das Löten bei Verwendung
bleifreier Materialien schwierig wird.
Inspektion
Bleifreie Lötstellen sehen deutlich anders aus als herkömmliche
Zinn-Blei-Lötstellen. Sie sind in der Regel recht matt und der Verlauf
ist geringer, was zu steilen Kontaktwinkeln an den Rändern der
Lötstellen - dort, wo das Lot auf das Substrat trifft - führt. Das
bedeutet ber nicht, dass die Lötstelle fehlerhaft ist!
Nacharbeiten und Reparaturen
Es ist überaus wichtig, dass bei einer eventuellen Nachbearbeitung oder
Reparatur ebenfalls ein bleifreies Lötmetall verwendet wird. Das
bedeutet, dass vor einer Nachbearbeitung erst geklärt werden muss,
welches Lötmetall verwendet wurde. In der Regel ist dies auf einem
Modul oder einer Leiterplatte eindeutig angegeben. Welche Legierungen
beim bleifreien Löten zum Einsatz kommen, kann je nach Anwendungsgebiet
variieren. Um sicherzugehen, sollte die Legierung 99C (99,7% Zinn, 0,3%
Kupfer) bei allen bleifreien manuellen Lötarbeiten verwendet werden, da
sie mit allen möglichen bleifreien Legierungen kompatibel ist. Eine
Spur Silber wird einigen bleifreien Lötpasten zugesetzt, um die
Benetzung und die Bildung einer Lötstelle während der Phase des
schnellen Aufschmelzens bei typischen SMT-Bestückungsprozessen zu
unterstützen, doch auch bei diesen Lötstellen ist die Verwendung von
99C bei Nachbearbeitungen recht sicher.
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